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Samos und Ikaria - Mai 2005
zu Gast bei Pythagoras und Che Guevarra
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Seite 2
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4. Mai
Der starke Wind,
mit dem wohl in dieser Jahreszeit immer gerechnet werden muss, hat
heute nachgelassen, so dass wir auf dem Balkon mit der schönen
Aussicht auf die Bucht frühstücken können. Heute steht
das Kloster Evangelistria am Kerkis auf dem Wanderprogramm, welches auf
dem Weg zur höchsten Erhebung dem Vigla (1434Hm) liegt. Meine
Krankheit steckt mir noch ganz schön in den Knochen, so
dass ich mit vielen Pausen in der
mittlerweile schon starken Hitze die
650Hm gerade so schaffe. Am Kloster gibt es eine Quelle, die in
einen Brunnenbecken
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eingefasst ist;
dort lassen wir uns im Schatten nieder
und füllen unsere Flaschen auf. Oben am Eingang des Klosters hatte
uns eine Nonne bemerkt und fordert uns mit wilden Handbewegungen auf,
die Treppen zu ihr hinaufzusteigen. Auf dem Weg nach oben bemerkte ich,
dass mittlerweile eine zweite Nonne hinter uns die Treppe hinaufstieg.
Oben angekommen wurden uns sofort zwei Stühle an einem
Tisch angeboten, Wasser, Gebäck und Äpfel
serviert. Nachdem unsere Nationalität geklärt war, bot man
uns an, einen Kaffe zuzubereiten, was wir gern annahmen. Daraufhin nahm
die zweite Nonne Lexl an die Hand und entführte sie in ein recht
dunkles Nebengewölbe. Dort wurde ihr nun in einer Art Workshop die
Zubereitung griechischen Kaffees gelehrt: Kaffe, Zucker, Wasser
zusammen in ein kleines Kännchen geben und auf einer
abenteuerlichen Gasflamme aufkochen. Als Lexl diesvollbracht hatte
wurde sie auch wieder mit zufriedener Geste hinausgeschickt. Während wir dann
unseren Kaffee schlürften, wurde die andere Nonne nun schon |
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Moni
Evanglistria |
etwas ungeduldig, denn
sie wollte uns ja schliesslich
die kleine alte Kapelle im inneren des Klosters präsentieren. Also sputeten wir
uns und folgten ihr nach
Aufforderung. Während ich mir die Ikonenanschaue, drückte
die Nonne ein Kerzlein der Lexl in die Hand und fordert sie auf, dieses
doch anzuzünden. „Protestant, ne?“ rief sie, da sie nun unschwer
bemerkte, dass unser sakrales Auftreten nicht gerade den sichersten
Eindruck hinterliess. Sie nahms jedoch gelassen und verabschiedete uns
mit einem freundlichen Jassas! Nachdem der Abstieg geschafft war
(Stöcke wären ratsam gewesen!), fuhren wir noch auf eine
Erfrischung ins „Balcony“, wo wir nun schon recht herzlich aufgenommen
werden. An einem der anderen Tische befanden sich bereits weitere
Gäste, die mühevoll versuchen auf holländisch Joghurt
mit Honig zu bestellen. Ich half mit den entsprechenden griechischen
Wörtern aus; dies sollte man sich gut überlegen, denn dann
gilt man als einer, der der griechischen Sprache mächtig ist, und
ein oichi poly hilft da auch nicht mehr. Die Wirtin jedoch stets
bemüht sich weiterzubilden, kam mit etwas zu schreiben und liess
mich noch mehrmals die Worte für Joghurt und Honig in deutsch
aussprechen, was sie in griechisch notierte, um für die
nächste Bestellung vorbereitet zu sein. Als wir abends wieder im
„Balcony“ auftauchen, gehören wir praktisch schon zur Gemeinde und
werden von einem jungen Architekten animiert ihm doch in der
schönen Bucht ein bereits geplantes Objekt abzukaufen.
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5. Mai
Ja,
wenn man irgendwo Fuss gefasst hat, ist es auch schon wieder Zeit
aufzubrechen und wir verlassen den Süden, um auf die Nordseite zu
wechseln. Wir nehmen die Nebenstrecke über Platanos. Die Fahrt
geht durch ländliches Gebiet und bietet schöne Blicke auf
beide Meerseiten sowie auf das Kerkismassif. Blühende Bäume,
Zypressen, Wein und Olivenhaine prägen hier die Landschaft. Wir
landen schliesslich nach längerer Quartiersuche im „Amphithea“ bei
den Winzersleuten Kamniotis. |
Bei Platanos
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Amphitea
Dimitri
und seine Frau Chrissoula vermieten eher einfache Zimmer und Studios
unterschiedlicher Ausstattung. Das besondere hier ist, das Chrissoula
abends hervorragend für ihre Gäste kocht. Für uns waren
die Essen bei Chrissoula mit die Besten, die wir während unserer
gesamten Zeit genossen haben. Dazu gibt es sehr guten weissen Wein aus
eigenem Anbau. Von Kokkari kommend erreicht man das „Amphithea“, indem
man kurz hinter der Abzweigung nach Vourliotes (ca. 300m) nach links
abzweigt (Hinweisschild).
Kontakt: Dimitrios Kamniotis, Kampos Vourlioton, T. 0030 22730 94374,
email:kamniotis@aias.gr
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Speisen im Amphitea
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6. Mai
Heute
steht zunächst
Samos Stadt (oder besser:Vathi) -
die
Inselhauptstadt - auf dem Programm, da
wir versuchen wollen, unseren geplanten
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Ikaria Aufenthalt zu buchen. Zu dieser
Zeit scheint es nicht ganz
einfach zu
sein; Versuche von einem Reisebüro in Votsolakia waren
bereits gescheitert. Die Tatsache, dass wir unser
Auto
mitnehmen wollen erschwert die Angelegenheit. Schliesslich gelingt es
uns,
Fähren vom 13.5. bis zum 19.5. zu buchen. Nun können wir uns
noch die zu dieser
Tageszeit (gegen Mittag) quirlige Stadt ansehen, die in eine
weitläufige Bucht
eingebettet ist. Da der Tag schon mit der
weiteren Planung angefangen hat, fahren wir auf
ganz auf die andere Nordseite in den Westen nach Potami.
Dort
wollten
wir aus einem Führer ein Quartiervorschlag verfolgen, denn wir
suchen ja noch
für die letzten Tage, wenn wir von Ikaria zurückkommen, eine
Unterkunft. Diese
sagt uns nicht
zu. So nutzen wir die
Gelegenheit hier die Potami
Wasserfälle zu
besuchen. Weit kann man nicht hineingehen, denn Felsschluchten, durch
die sich
der Potami tief eingegraben hat, können allenfalls bei sehr
heissem
Wetter dazu
animieren, |
Samos
Stadt |
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Potami
Wasserfälle |
hier durchzuwaten und schliesslich neben
den
Fällen
hochzuklettern. Der heutige Tag verführt uns nicht zu dieser Tat.
Eine
Holzleiterkontruktion gibt die Möglichkeit, die Wasserfälle
zu umgehen und
leitet dann
wieder zum Bach. An der höchsten Stelle steht ein kleines
Kafenion. Wir
erfrischen uns und auch hier mache ich den Fehler, meine wenigen
griechischen
Brocken von mir zu geben. Ein Wortschwall überschüttet mich
und die wenigen
Worte, die ich dabei verstand, aneinanderzureihen, war nicht ganz
einfach. Auch
mein obligatorisches oichi
poly rettete mich nicht vor der Mitteilungsbedürftigen; es sind
doch
hier
zur Zeit kaum Touristen unterwegs. Wir
fahren noch nach Kokkari, vielleicht werden wir ja bzgl.
einer Unterkunft doch noch fündig. An der Uferstrasse finden
wir zwei kleine Anlagen, die direkt nebeneinanderliegen. Beide recht
nett
in eine
kleine Sackgasse hinein mit reichlich Pflanzen gestaltet, gefallen uns
ganz gut:
„Apartments Aiolos“ |
und
„Archa Angelos“. Die Nachfrage bei beiden
ergab, dass
im „Archa Angelos“ für unsere letzten Tage etwas frei ist, beim
anderen
hingegen wäre sofort etwas frei. Dies macht
uns neugierig und wir lassen uns das Appartment zeigen, was uns auf
Anhieb so gut gefällt, dass wir uns spontan
entscheiden,
übermorgen am 8. hierher ins „Aiolos“ zu
ziehen. Beim „Archa Angelos“ machen
wir auch gleich alles für die letzten Tage ab dem 19.5. klar. Am
Abend gibt es unser erstes gemeinsames Gästeessen im „Amphithea“.
An
einem langen Tisch im Freien sind die 4 Parteien – Pärchen
gegenüber –
angeordnet. Leider ist es aufgrund des starken Windes, der sich sogar
hier ein
wenig bemerkbar macht recht kühl. Um so besser, dass Chrissoula,
die schon
am späten Nachmittag sich um die Zubereitung des Essens
kümmert und
dazu einen
riesigen Kamin mit
Rebenholz einheizt, ein so
wunderbares Essen
hinzaubert,
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Kokkari |
dass
zumindest der Magen sich wohlig warm
anfühlt. Der „Flascunia“
– ein mit
Kräutern nocheinmals gebrannter Souma (aus Traubenresten
gebrannter Schnaps) tut für
das Wohlbefinden sein
übriges dazu und
die Unterhaltung
kann so richtig
beginnen. Einige der Gäste kommen schon seit vielen Jahren
hierher, R. sogar
meist mehrmals im Jahr. Er ist es auch, auf den unser Interesse sich
stürtzt,
da er sich sehr gut auskennt. Wir bekommen viele gute Tipps. R. weiss
aber auch
nette Geschichten. Z.B.: von Maria aus Kosmadei.
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Geschichten,
die das Leben schrieb
Da
mich diese Geschichte, die für mich gleichzeitig ein
ungelöstes Rätsel darstellt, bis heute noch beschäftigt,
möchte ich sie hier wiedergeben; vielleicht gibt’s ja mal eine
Auflösung.
Kosmadei
ist ein kleines Bergdorf unterhalb des Kerkismassivs. Maria in ihrer
Jugend von dort nach Australien ausgewandert, hatte nach vielen Jahren
in der Fremde ein Vision, dass sie nach Samos in ihre Heimat
zurückkehren sollte, was sie auch tat. Die inzwischen deutlich
älter gewordene Frau betreibt dort ein Kafenion. R. besuchte sie
eines Tages und wurde sozusagen beim Empfang gefragt: „Christ oder
Anarchist?“ In Ermangelung anderer Alternativen, zog er es vor, mit
Christ zu antworten und bekam daraufhin einen Kaffee. Nun, das was mich
eben noch bis heute beschäftigt, ist, ob die Antwort der anderen
Alternative womöglich zu einem Ouzo geführt hätte?!
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